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Stellungnahme des Herausgeber_innenkollektivs des Forums Kritische Archäologie zum Beitrag "Archäologie braucht Ethik! Ein Werkstattbericht als Diskussionsaufruf" (Archäologische Informationen 41, 2018)

 

Das Forum Kritische Archäologie initiierte 2015 einen Workshop zum Thema "Archäologie und Ethik", der gemeinsam mit der AG Theorien in der Archäologie (AG TidA) und dem Forum Archäologie in Gesellschaft (FAiG) am 6. und 7. November 2015 in Kassel stattfand. Es war – und ist – eines unserer vorrangigen Anliegen, das Bewusstsein für ethische Verantwortlichkeiten und Herausforderungen zu schärfen und ethische Fragen und Handlungsweisen in der deutschsprachigen Archäologie zu verankern.

Die Ergebnisse des Workshops und daran anschließende Diskussionen wurden im September 2018 von einem Teil der beteiligten Wissenschaftler*innen in der Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF), den Archäologischen Informationen als Werkstattbericht veröffentlicht (Schreiber, Stefan; Jauß, Carolin; Merten, Stephanie; Renger, Martin; Cyrus, Georg; Egbers, Vera; Bochatz, Dominik; Tollkühn, Philipp & Karl, Raimund: Archäologie braucht Ethik! Ein Werkstattbericht als Diskussionsaufruf, Archäologische Informationen 41, 2018, 341-370: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/56954/48318). Der Artikel wurde in einer ethisch vertretbaren, weil nichtdiskriminierenden, gender-sensiblen Sprache mit Gender Wild Card (*) bei der Redaktion eingereicht. Die Redaktion der Archäologischen Informationen änderte diese Form in das generische Maskulinum. Ein Einigungsversuch durch die Verwendung des generischen Femininums wurde nicht akzeptiert. Als Grund wurden die sprachliche Normierung des Dudens, hohe Lesbarkeit und leichte Verständlichkeit angeführt. Frühere Publikationen in den Archäologischen Informationen, die im generischen Femininum erschienen, wurden als "kurzfristige Irritation" abgetan. Die Autor*innen des Werkstattberichtes stimmten einem Abdruck unter diesen redaktionellen Vorgaben letztlich zu, da ihnen das Thema "Ethik und Archäologie" so wichtig erschien, dass der Diskussionsbeitrag publiziert werden sollte.

Wir als Forum Kritische Archäologie und Initiator*innen des "Ethik und Archäologie"-Workshops distanzieren uns entschieden von dieser Praxis der Archäologischen Informationen.

Wir sprechen uns gegen die hier gezeigte Negierung emanzipatorischer Diskurse aus. Sprache bestimmt unser Denken und Handeln. Sprache ist Politik, die als politisches Framing unsere Weltsicht prägt. Mit unserer Sprache schreiben wir Zustände ebenso fest wie wir ein Bewusstsein für ihre Veränderung schaffen können, wie jede Lektüre von Sprechakt-Theorien (Austin, Searle) überaus deutlich macht. Universitäten bevorzugen zunehmend geschlechtergerechte Sprache (z.B. die Universität Leipzig - https://stura.uni-leipzig.de/doc/debatte-um-generisches-femininum-der-grundordnung-der-universitaet-leipzig-beweist-strukturelle; die Richtlinien der Frauenbeauftragten der Freien Universität Berlin - https://www.fu-berlin.de/sites/frauenbeauftragte/aktivitaeten/Geschlechtergerechte-Sprache/index.html). Die Kapitulation der DGUF vor der durch den Duden normierten und dadurch scheinbaren Objektivität von Sprache, die nicht geändert werden könne, verkennt diese Flexibilität und Wirkung, aber auch die Verantwortung in der Verwendung von Sprache.

Der Rückzug auf einen überholten Sprachpurismus aus Gründen vorgeblich hoher Lesbarkeit und leichter Verständlichkeit ist selbst eine ideologische Praxis, die gerade in Zeiten aktueller Schließungen von Gender-Lehrstühlen in anderen europäischen Ländern und der Anti-Gender-Sprachpolitik rechtspopulistischer Kreise Parteigängerei einer rückwärtsgewandten Politik bedeutet. Die DGUF hat sich in den letzten Jahren erfolgreich durch eine Reihe von Initiativen ausgezeichnet, gewachsene Missstände in der Archäologie nicht mehr zu akzeptieren, sondern deren Beseitigung zu erwirken. Das verdient Respekt. Umso unverständlicher ist das hier gezeigte Vorgehen. Gerade bei einem Artikel zu archäologischer Ethik konterkariert die Redaktion der Archäologischen Informationen die inhaltlichen Ziele eines ethischen Diskurses – und arbeitet damit dem Ziel des Workshops als auch seiner Veröffentlichung bewusst entgegen. Wir erwarten mehr Reflexivität bezüglich Gleichberechtigung und der Verbindung zwischen Form und Inhalt wissenschaftlicher als auch anderer Aussagen.

 

Gezeichnet von: Reinhard Bernbeck, Stefan Burmeister, Christoph Forster, Johannes Greger, Barbara Huber, Carolin Jauss, Susan Pollock, Stefan Schreiber

Berlin, den 18. Dezember 2018

 

Link zum Originalbeitrag:
https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/arch-inf/article/view/56954
(DOI: https://doi.org/10.11588/ai.2018.0.56954)